Das australische Entwicklerstudio Massive Monster blieb bisher mit seinen bunten kleinen Spielchen unter dem Radar. Zusammen mit Devolver Digital veröffentlichten sie nun für alle gängigen Plattformen ihr bis dato größtes Projekt. In Cult of the Lamb spielen wir ein von Dämonen besessenes Lämmlein, das eine Sekte aufbauen und falsche Götter fällen muss. Ob dieser Kult auch uns überzeugt, erfahrt ihr in unserem Test.
Das Leben kann so schön sein. Bäume fällen und Steine klopfen, langsam sein kleines Dorf ausbauen, dekorieren, die Nachbarn mit kleinen Aufmerksamkeiten zufriedenstellen, und natürlich auf kleine Abenteuer aufbrechen, wenn es die knappe Zeit zulässt. Animal Crossing hat es vorgemacht und Cult of the Lamb tritt in ähnliche Fußstapfen.
Mit dem kleinen Unterschied, dass unser zentrales Lämmchen von einer blutsüchtigen Sekte geopfert werden soll. Als die Klinge uns durchbohrt, erscheint uns im Jenseits ein dämonischer Gott, der uns vor eine schicksalshafte Wahl stellt: der Tod oder die Wiedergeburt, mit dem Haken, dass wir im letzteren Fall seinen Kult aufbauen sollen um ihn aus der Verdammnis zu befreien. Die Entscheidung fällt uns leicht, wir metzeln uns durch unsere Peiniger und errichten direkt eine eigene Siedlung, dem Kern unseres Kultes.
Noch sind wir allein und müssen unsere eigene Muskelkraft nutzen um Ressourcen abzubauen und die ersten Gebäude zu platzieren, aber was wäre ein Kult ohne loyale Anhänger, die uns etwas Arbeit abnehmen, und es dauert nicht lange bis wir die ersten tierischen Opfergaben retten und von unserem Glauben überzeugen.
Cult of the Lamb spielt sich zum großen Teil wie andere kleine Aufbausimulationen. Wir managen unsere wirtschaftlichen Prozesse, behalten die Zufriedenheit und Loyalität unserer Bewohner im Auge und lernen neue Fähigkeiten und Blaupausen für Gebäude, die Abläufe vereinfachen und uns wachsen lassen. Die Prinzipien sind simpel, aber tief genug, um durchgehend zu belohnen und zu motivieren. Die größte Stärke – neben dem makabren Szenario – ist aber der Spielfluss. Egal, was wir machen, alles funktioniert schnell und ohne unnötige Unterbrechungen. Innerhalb weniger Momente machen wir gewaltige Fortschritte, während andere Genrevertreter noch im Tutorial herumlungern.
Das gilt nicht nur für den Managementpart, sondern auch für den zweiten großen Teil des Spiels, dem Roguelike-Dungeoncrawling. Das große Ziel des Spiels ist es nämlich vier Götzen zu fällen, um unseren Gott zu stärken und letztendlich zu befreien. Jeder von ihnen bewohnt einen Dungeon, den wir erkunden müssen. Diese sind prozedural generiert und bestehen aus kleinen, kampflastigen Labyrinthen, Räumen mit unterschiedlichen Belohnungen und Minibossen, die wir aus dem Weg schaffen müssen. Auch hier verschwenden wir keine Zeit. Das Spiel kennt keine Pausen und läuft runter wie Öl. Ein Dungeon-Run dauert nicht länger als zehn Minuten. Und in dieser Zeit haben wir unsere Waffe mehrfach gewechselt, neue Zauber gelernt, mindestens ein halbes Dutzend Karten gesammelt, die unseren Spielstil in eine neue Richtung lenken, neue Bewohner kennengelernt, die uns nach Hause für Minispiele einladen, zwei oder drei neue Anhänger konvertiert, paar Skins freigeschaltet, Holz, Steine und die Knochen unserer Feinde gesammelt und natürlich noch einen mächtigen, monströsen Miniboss gelegt. Puh!
Schlag auf Schlag geht es weiter. Denn kehren wir zurück, fordert unser Kult direkt unsere Aufmerksamkeit. Das Dorf war in unserer Abwesenheit fleißig und wir dürfen die Früchte in Form von Upgrades und neuen Optionen ernten, aber in der Zwischenzeit werden Bewohner auch schnell krank, hungrig, rebellisch und faul, und es ist unsere Aufgabe wieder den Laden aufzuräumen. Ungläubige werden an den Pranger gestellt, die ältere Gesellschaft für dem Gott geopfert, wir kochen unseren Anhängern ein Mahl aus Kot und Gras, wenn gerade nichts anderes bereitsteht. Dieser Management-Teil des Spiels steht in ständiger Wechselwirkung mit den Dungeons. Verbreitet sich unser Glauben erfolgreich und läuft die Wirtschaft geschmeidig, erfahren wir auch Boni im Kampf und erhalten zusätzliche Möglichkeiten wie das Mitnehmen von dämonischen Begleitern. Im Gegenzug finden wir neue Rezepte, Anhänger und spezielle Ressourcen nur beim Erkunden außerhalb der Siedlung. Beide Teile des Spiels sind auch einem sehr kompetenten Niveau, auch wenn sie natürlich nicht die Höhepunkte komplexerer Genrevertreter erreichen, aber das enge, reibungsfreie Zusammenspiel der verschiedenen Mechaniken im hohem Tempo erhebt Cult of the Lamb zu einem Genremix, den man so leicht nicht weglegen kann.
Dass das Kultistenleben nie langweilig wird, ist auch der einmaligen Präsentation zu verdanken. Trotz irgendwie süßem Comiclook entfernt sich Cult of the Lamb sehr weit von von der Heile-Welt-Ästhetik anderer kleiner Aufbausimulationen. Alles ist makaber, blutig und roh. Wir hinterlassen die Schauplätze mit einem Berg aus Knochen, Leichen und einem breiten Grinsen. Der okkulte Horror bedarf aber etwas Resistenz, wenn es um Post-Processing-Effekte geht. Aggressive Filter wie Chromatic Abberation, aufblitzende Lichter und verzerrende Kameralinsen spiegeln den Wahnsinn eindrucksvoll wieder, schonen aber nicht gerade das Augenlicht. Gelungene Musik und Soundeffekte untermalen mit schrägen und düsteren Klängen das Abenteuer der schwarzen Magie.
Oberflächlich gibt es hier technisch nichts auszusetzen, auf der spielmechanischen Ebene kann es aber leider zu unschönen Bugs kommen. Während meinen 13h mit dem Spiel glitchte ich aus der Spielwelt, hatte mehrfach eine fehlerhafte Treffererkennung und viele Spieler beschweren sich über fehlende Item Drops. Zum Glück werkeln die Entwickler fleißig an Patches, die einer sauberen Spielerfahrung dienen.
(getestet von eape)