Seit THQ Nordic auf der Gamescom 2017 das Action-RPG Biomutant angekündigt hat, wird das Spiel von den RPG-Fans in aller Welt sehnsüchtig erwartet und musste in den letzten Jahren leider auch immer wieder Verschiebungen in Kauf nehmen. Knapp vier Jahre später feiern THQ Nordic und Experiment 101 endlich die Fertigstellung des Titels und wir möchten in unserer Test aufklären, ob Biomutant die hohen Erwartungen erfüllen konnte.
Spiele in denen die Menschheit in der Postapokalypse ums Überleben kämpft, gibt es zuhauf. Biomutant hier einen Schritt weiter, denn die Menschen haben hier die Erde längst verlassen, nachdem sie von Ihnen verschmutzt und fast zerstört wurde. Stattdessen hat sich die Erde wieder ein Stück weit erholt und wird von mutierten Tierwesen bewohnt und wir schlüpfen dabei in die Rolle eines solchen Wesens. Als eine Art mutierter Waschbär müssen wir verhindern, dass der Baum des Lebens von so genannten Weltenfressern zerstört wird, denn nur dieser hält die Erde im Gleichgewicht und am Leben.
Zu Beginn das Spiels müsst ihr ganz RPG-typisch euren Charakter im Editor erstellen. Hierbei legt man nicht nur das Aussehen des Charakters, sondern auch die Klasse fest. Insgesamt stehen fünf Klassen zur Auswahl. So gibt z.B. den Saboteur, der sich auf doppelhändigen Nahkampf spezialisiert, der Psi-Freak ist ein Meister der Psi-Kräfte, während sich die Kommando-Klasse am besten mit Fernkampfwaffen auskennt. Der Wächter stellt hier eine gesunde Mischung aus allem dar. Die Wahl der Klasse und auch teilweise das Aussehen haben dann Einfluss auf die Attribute wie Lebensenergie, Intelligenz, Glück oder Ausdauer.
In guter Open-World-RPG-Manier erkunden wir mit unserem Charakter eine große, offene Welt und bestreiten zahlreiche Main- und Nebenquests. Leider ist das Questdesign sehr einfallslos und generisch. In der Mainquest müssen wir meist immer nur Verbündeten helfen, ein bestimmtes Fahrzeug zu bauen und dieses dann im Kampf gegen die Weltenfresser einsetzen. Die Sidequests bestehen dagegen meist nur aus langweiligen Sammelquests. Im gesamten Spiel stechen weder bestimmte Quests noch Charaktere wirklich hervor oder bleiben in Erinnerung. Das Karma-System, welches an Fable erinnert und unsere guten bzw. schlechten Taten und Entscheidungen bewertet, hat auch keinen spürbaren Einfluss auf das Spiels. Lediglich bestimmte Mutationen oder Psikräfte lassen sich dadurch freischalten oder bleiben verwehrt. Das Gameplay besteht größtenteils aus dem Erkunden der Welt, den zahlreichen Kämpfen sowie verschiedenen Rätseleinlagen. Letztere sind aber leider viel zu einfach und erfordern keinerlei Hirnschmalz.
Während das Quest- und Rätseldesign enttäuscht, besitzt Biomutant aber auch einiges spielerische Stärken. Das Kämpfe steuern sich zwar etwas schwammig und es mangelt ein wenig an Impact, aber sie machen trotzdem Spaß und sind vor allem sehr abwechslungsreich. So können wir nicht nur mit bloßen Fäusten, Nahkampfwaffen oder Fernkampfwaffen in den Kampf ziehen, sondern auch auf spezielle Fähigkeiten in Form von Psi-Kräften und Biogenetik zurückgreifen. So können wir beispielsweise Gegner einfrieren, sie gegeneinander aufhetzen, mit giftigen Schleim bewerfen oder Pilze aus dem Boden herbeirufen. Insgesamt lässt sich das Kampfsystem als eine Mischung aus Batman, Devil May Cry Eine weitere Stärke von Biomutant ist das äußerst motivierende Crafting-System. Mit gesammelten Ressourcen und Waffenteilen können wir nämlich nicht nur einfach Waffenupgrades herstellen, sondern die Waffen von Grund auf selbst erstellen. Sowohl Nah- als auch Fernkampfwaffen lassen sich in Einzelteile zerlegen und beliebig verändern. Findet man im späteren Verlauf immer seltener Waffenteile, können diese auch einfach auf eine bestehende Waffe nachgerüstet werden und diese somit verstärken. Alleine das Craftingsystem konnte mich stets zum Weiterspielen motivieren, weil ich riesigen Spaß damit hatte, mit den gebauten Waffen herumzuexperimentieren.
Biomutant zählt sicherlich nicht zu den umfangreichsten Rollenspielen. Wer sich nämlich nur auf die Hauptquest fokussiert, kann das Spiel problemlos in zehn bis zwölf Stunden beenden. Möchte man dagegen alle Quests meistern und die Karte bis ins kleinste Detail erkunden, springt hingegen eine sehr beachtliche Spielzeit von über 50 Stunden dabei heraus. Dank eines New Game Plus-Modus kann man seinen Charakterfortschritt übrigens auch problemlos in weitere Spieldurchgänge mitnehmen.
Aus optischer Sicht gibt es meines Erachtens nach am wenigsten an Biomutant zu kritisieren. Zwar befinden sich andere Open-World-Titel wie Horizon: Zero Dawn, Red Dead Redemption 2 oder auch Assassins Creed Valhalla auf einem ganz anderen Niveau, aber man sollte auch im Hinterkopf behalten, dass sich hinter den Entwicklern ein teilweise nur 20-köpfiges Team befand. Das Charakterdesign trifft sicherlich nicht den Geschmack jedes Spielers, ist aber definitiv einzigartig und sticht hervor. Mir persönlich hat aber vor allem die wunderschöne Open-World gefallen. Sie ist sehr bunt, detailreich und abwechslungsreich gestaltet, bietet viele verschiedene Biome sowie wunderschöne Landschaften und Ausblicke. Sehr störend ist dagegen der Sprecher des Spiels. Dieser fungiert nicht nur als Erzähler, sondern auch als Übersetzer JEDES Charakters sowie als Kommentator vieler unserer Taten. Zu allem Überfluss wirkt er auch nie wirklich motiviert, doch zum Glück kann in den Einstellungen sogar die Häufigkeit seiner Kommentare reduziert werden.