Lang ist’s her, aber es hatte mich direkt wieder. Ace Attorney startet mit Vollgas. Es ist unser erster Fall als Anwalt. Unser bester Freund steht unter Verdacht seine Freundin ermordet zu haben. Die Umstände sind – milde gesagt – unglücklich. Und der Angeklagte reitet sich mit seinem losen Mundwerk mit jedem Wort tiefer ins Verderben. Höchste Zeit aktiv zu werden und den Fall zu drehen.
Die Ace Attorney-Serie fand seine Anfänge auf dem GBA als japanische Visuel Novel-Reihe. Wo die meisten Genrevertreter scheitern, gelang es Capcom auch im Westen eine stolze Fanbase aufzubauen, die mittlerweile nach dem zehnten Teil lechzt. Das Erfolgsrezept sind frische und bekömmliche Zutaten.
Die Geschichten drehen sich um einzelne, zusammenhängende Gerichtsfälle, die ein großer Spannungsbogen umspannt. Die Anime-Ästhetik lehnt sich an ein sehr westliches, amerikanisches Setting und erinnert damit an populäre Jugendserien wie Detektiv Conan.
Mit dem leichteren Zugang ist aber noch nicht viel gewonnen. Die Spiele schaffen es mit ihrer kurzweiligen Präsentation, einer dramatischen Inszenierung und einem bedeutungsvollen Plot ohne zähe Sättigungsbeilage lückenlos zu unterhalten. Es ist ein Visuel Novel, entfernt sich aber vom namensgebenden Roman mehr als vergleichbare Titel und nutzt die süchtig machenden Formeln einer Fernsehserie.
Auch strukturell sorgt Ace Attorney für viel Abwechslung. Ähnlich wie beim verwandten Danganronpa ist das Spiel in drei Segmente gegliedert, die sich regelmäßig abwechseln. In klassischer Genremanier genießen wir passiv die Geschichte mit gelegentlichen Dialogoptionen, werden im investigativen Part aktiv und erkunden im Adventure-Stil den Tatort und relevante Locations nach Spuren, Zeugen und wichtigen Informationen, und kommen letztendlich zum Herzstück der Reihe, den Gerichtsverfahren.
Die sind der spielerische Grund, warum die Aufmerksamkeit jederzeit gegeben ist und man nicht in Versuchung kommt sich trostlos durchzuklicken. Vor Gericht zählen Fakten und etwas Verhandlungsgeschick. Wir hören den Zeugen genau zu, drücken die Finger in die Wunde, wenn wir verräterisches Blut gerochen haben, und erheben Einspruch, wenn sich eine Zeugenaussage mit den Beweisen beißt. Es macht riesigen Spaß sich mit dem schmierigen Staatsanwalt und Antagonisten bei sich aufschaukelnder Dramaturgie zu messen. Ace Attorney findet hier eine ausgewogene Balance aus cleverer Kombinationslogik und dynamischen Überraschungen, die uns zum Umdenken zwingen. Trotz des stressfreien Gameplays kommt es so zu spannungsreichen Momenten bei der Aufschlüsselung des Falls.
Mit den ersten drei Titeln der Serie in dieser Trilogie bietet die Collection einen außerordentlich guten Einstieg in die Ace Attorney-Reihe oder gar das Genre. Jedes der Spiele bietet um die 20 Stunden Spielspaß und jeder neue Teil wartet man neuen Ideen und Mechaniken auf.
Für das Remaster wurde die Grafik rundum erneuert. Die handgezeichneten Szenenbilder und Charaktere lassen schnell vergessen, dass diese Spiele bereits an die zwanzig Jahre alt sind und ihren Ursprung auf dem Handheld haben. Stilistisch hat die Optik aber ein Stückchen ihren Charme verloren. Insbesondere die Kolorierung der Figuren lässt trotz HD-Auflösung manchmal die Liebe der Originale vermissen. Dafür überzeugt die Musik damals wie heute mit ihren eingängigen Melodien.
Fazit:
Mit der Trilogie auf den großen Konsolen hat die Ace Attorney-Serie ihre Zeitlosigkeit bewiesen. Die Geschichten unterhalten erstklassig mit juristischer Seriosität und japanischem Witz. Das Gameplay besticht mit ausgeklügelten Fällen und originellen Mechaniken. Technisch wurde das Spiel modern aufgearbeitet, verliert aber stilistisch mit manchmal schludrigen Designs etwas an Charme. Trotzdem erheben wir hier keinen Einspruch. Ace Attorney ist ein klarer Fall für eine Kaufempfehlung.