Brace Yourself Games kennt man vor allem für ihr Faible für Rhythmus-Spiele. Crypt of the NecroDancer, Cadence of Hyrule und selbst das noch nicht erschienene Mech-Strategiespiel Phantom Brigade warten mit einem gewissen Twist in der Richtung auf. Nun veröffentlicht das sympathische Indie-Studio die Early Access-Version ihrer neuen Aufbausimulation Industries of Titan. Zwar ohne musikalischen Elementen, aber trotzdem mit einem speziellen Twist, den andere Genre-Vertreter für sich so noch nicht nutzen konnten. Wir haben Städte auf Ruinen errichtet, unsere Bevölkerung geknechtet und im folgenden Test könnt ihr nachlesen, ob sich eine frühzeitige Investition auf Titan lohnt.
In Industries of Titan erwartet uns genau das, was uns der Titel schon verspricht: Wir sollen eine funktionstüchtige Industrie auf dem Saturnmond Titan aufbauen, um damit so viel Profit wie möglich zu erwirtschaften. Egal mit welchen Mitteln. Statt dafür freie Bauflächen zu nutzen, bauen wir unser neues Imperium auf den Ruinen unserer Vorgänger auf, die schon vor tausenden Jahren versuchten, Titan für sich zu nutzen. Das heißt, um Platz für neue Strukturen zu schaffen, müssen wir erstmal alte Gebäude einreißen, die örtlichen Ressourcen abbauen und wiederverwerten. Es geht vor allem darum, das Maximum aus der verfügbaren Fläche zu holen. Dafür bauen wir nicht nur auf der Oberfläche, sondern nutzen auch die Innenräume unserer Gebäude. Lagerräume, Generatoren zur Stromversorgung oder auch einfache Müllentsorgungsanlagen brauchen Platz und sorgen dafür, dass unsere Stadt nicht im Chaos versinkt. Damit wir erstmal etwas erschaffen können, brauchen wir Ressourcen. Davon gibt es einige im Spiel. Verdiente Credits nutzen wir um Gebäude freizuschalten oder zu reparieren, Mineralien und Isotope können auf jeweiligen Feldern geerntet werden und mit gewonnenem Einfluss lassen sich spezielle Gefälligkeiten beim Rat einlösen. Die wichtigste Ressource, die wir besitzen, sind aber unsere Arbeiter. Diese fangen erstmal als normale Bürger ihr Leben in unserer Stadt an und können dann durch Propaganda-Werbungen und einen Besuch im Conversion Center zum fleißigen Arbeiter geschult werden. Je mehr Arbeiter, desto produktiver sind unsere Fabriken und je mehr Bürger, desto höher ist der Konsum.
Bevor wir aber überhaupt loslegen, entscheiden wir uns am Anfang erstmal für eine Fraktion. Jedenfalls sieht dies das fertige Spiel vor, denn in der aktuellen Version steht erstmal nur eine Fraktion zur Auswahl: die Landfallers. Diese Gesellschaft stellt quasi die Goldgräber des Sonnensystems dar, die von unterschiedlichem Unternehmen der Erde, des Mars und den Asteroiden-Gürteln kommen und ihr Glück nun auf Titan versuchen. Egal ob sie dabei als Gewinner herausgehen oder am Ende komplett insolvent sind. Wo wir jetzt schon die Entscheidungsgewalt haben, ist die Wahl des Standorts. Hier stehen drei zur Verfügung: „Low-Risk“ ist dabei die Standardauswahl und bietet eine ausgeglichene Mischung aus Baufläche, Ressorucen und Widerstand. „High Risk-High Reward“ minimiert geologische Hindernisse, wie z.B. Schluchten und Berge, damit wir die Fläche so gut wie möglich nutzen können. Zusätzlich finden wir dort auch noch deutlich mehr an Materialien für unsere Stadt, gleichzeitig haben uns aber auch mehr Rebellen im Visier. Als letztes steht etwas für „Terraformer“ zur Auswahl. Weniger Mineralien und sehr unebenes Land, aber dafür eben auch deutlich weniger Aggressoren im Umkreis. Wem das alles zu leicht oder zu schwer ist, kann die Parameter auch komplett nach seinem eigenen Ermessen einstellen und somit entweder eine reiches und friedliches Paradies, oder eine karge und feindselige Hölle erschaffen. Für Anfänger und Veteranen zugleich eine gute Option.
Wer sich aber allen Aspekten des Gameplay öffnet, wird eben auch nicht dabei herumkommen, nicht nur Sachen zu erschaffen, sondern auch zu zerstören. Verfeindete Konzerne und Rebellen, die unser Land, sowie die Reichtümer für sich beanspruchen wollen, schicken uns hier und da ihre Streitkräfte in die Stadt, um so viel Schaden wie möglich anzurichten. Hier verlassenen wir uns auf Verteidigungsmaßnahmen, wie Luftabwehrgeschütze, um die Angreifer wieder vom Himmel zu holen. Wer dabei auf Nummer sicher gehen will, kann seine Gebäude für eine gewisse Dauer unter die Oberfläche verschwinden lassen. Alles natürlich für einen gewissen Geldbetrag. Spieler, die besonders auf Krawall gebürstet sind, können ihren Durchgang direkt im Survival-Modus starten. Hier werden wir immer wieder in regelmäßigen Abständen von Wellen an Rebellen angegriffen, die dazu auch noch immer stärker werden. Die Pazifisten hingegen freuen sich über den sogenannten Zen-Modus, der alles an Konfrontationen aus dem Spiel verbannt und uns somit ein Aufbauen in völliger Ruhe garantiert.
Ähnlich wie zuletzt Cloudpunk, setzt auch Industries of Titan auf ein Sci-Fi/Cyberpunk Art-Design in Verbindung mit Voxel-Technik, was für einen interessanten und funktionellen Look sorgt, mit dem sich das Spiel vor allem gegenüber andere Städtebau-Simulationen deutlich unterscheidet. Während ein SimCity oder ein Cities: Skylines auf eine klinische Präsentation setzen, ist Industries of Titan hier deutlich düsterer und industrieller unterwegs. Unsere Fabriken und Anlagen sollen nicht die Atmosphäre einer netten Nachbarschaft versprühen, sondern funktionell sein. Freunde von Hard Sci-Fi wird das Herz aufgehen, wenn sie zum ersten Mal durch den Smog die Skyline ihrer Stadt betrachten dürfen. Für den Soundtrack ist Brace Yourself Games keine Experimente eingegangen und hat mal wieder Danny Baranowsky ins Boot geholt. Ein großer Name im Indie-Sektor, der u.a. für Cadence of Hyrule, Crypt of the NecroDancer, The Binding of Isaac und Super Meat Boy verantwortlich war und hier sein Talent nicht weniger eindrucksvoll unter Beweis stellt. Egal ob wir Ruinen einreißen, Rebellen in die Flucht schlagen oder einfach unsere pulsierende Stadt bestaunen: der mitreißende Synthwave Sound untermalt jede Situation genau richtig und auch abseits des eigentlichen Spiels, hat sich der Soundtrack einen Platz in den Playlisten verdient.
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, befindet sich der Titel aktuell noch am Anfang seiner Early Access-Phase und auch wenn das Spiel in der aktuellen Version einiges bietet, klingt die zukünftige Roadmap der Entwickler nach einer Menge an Inhalten. Mit jedem Update soll somit der gesamte Content in allen Bereichen erweitert werden und vor allem einige neue Mechaniken bekommen. So werden sich Spieler demnächst mit dem Straßenverkehr und den Bedürfnissen ihrer Bevölkerung auseinandersetzen müssen. Hunger, Zufriedenheit, Lohn und andere Aspekte spielen dann eine große Rolle und sind dafür verantwortlich, wie produktiv sie am Ende des Tages schuften. Neue Features bedeuten natürlich auch neue Gebäude. Nahrungsmittelfabriken decken die hungrigen Mäuler ab, in Clubs können sie ihren Frust abfeiern, während Krankenhäuser die Gesundheit der Bevölkerung sichert und auch spezielle Operationen uns ermöglichen, um z.B. unsere Arbeiter mit Implantaten noch effektiver zu machen. Ebenso sollen die Kämpfe erweitert werden, was uns in erster Linie ein größeres Arsenal zur Verteidigung in die Hand gibt. Wie wäre es mit einer eigenen Flotte aus Schlachtschiffen, die wir in Werften selber entwerfen und bauen können? Neben den Angriffen soll uns ein Wetter-System das Leben auf Titan auch nochmal schwerer machen, in dem uns Sand- und Schneestürme heimsuchen und richtige Missionen sollen dazu den normalen Gameplay-Loop um einige Facetten auflockern. Man kann jedenfalls jetzt schon sagen, dass sich Brace Yourself einiges vorgenommen hat und sich nicht auf der sehr guten Basis des Spiels ausruhen wollen.
Industries of Titan ist seit dem 14. April für PC im Epic Games Store als Early Access-Version erhältlich. Die fertige Vollversion soll 2021 erscheinen.
(getestet von Para)