Fast genau ein Jahr nach dem Start der erfolgreichen Kickstarter Kampagne, bläst nun Entwickler Shockwork Games mit dem taktischen Horror-Titel Alder’s Blood zur Jagd auf allerlei Schrecken. Wir haben uns Trenchcoat und Schrotflinte geschnappt und berichten euch im Test, ob sich die blutige Odyssee auch für euch lohnt.
Gott ist tot! Dies ist nicht nur ein sehr beliebtes Zitat aus Friedrich Nietzsches „Die fröhliche Wissenschaft“, sondern auch eine Tatsache in der Welt von Alder’s Blood. Denn hier hat seine Schöpfung irgendwann die Schnauze voll gehabt und den Heiligen Vater selber ins Grab befördert. Statt der erhofften Freiheit, versank die Welt jedoch in vollkommener Finsternis und Chaos. Seitdem streifen wilde Bestien und Monster durch die Ländereien und terrorisieren die Bevölkerung. Schnell bildeten sich Clans, die für Geld und Ehre Jagd auf die Schrecken machten. Doch während man in der Regel alles töten kann, was in irgendeiner Form blutet, bahnt sich in der Dunkelheit eine ganz neue Gefahr an, die weder Stahl noch Silber fürchtet.
In Alder’s Blood übernehmen wir als Chief die Kontrolle über unseren eigenen Jäger Clan. Als Oberhaupt müssen wir dabei mit Vorräten haushalten, auf die physische sowie psychische Verfassung unserer Jäger achten, neue Waffen und Ausrüstungen erwerben und vor allem darauf ein Auge haben, dass die Kasse immer mit ausreichend Talern gefüllt ist. Das Erfüllen von teils gefährlichen Aufträgen sichert dabei den Geldfluss und je nach Auftraggeber sogar exklusive Vorteile, wie niedrige Einkaufspreise oder den Zugang zu speziellen Gegenständen. Sind wir am Ort des Geschehens angekommen, wechselt das Spiel in den rundenbasierten Taktik-Modus, wo wir bis zu drei unserer Jäger über das Feld schicken. Der traditionelle Vergleich mit XCOM steht unausweichlich an, doch macht Alder’s Blood einiges anders als das große Vorbild. Das fängt schon bei der Mobilität unserer Einheiten an, die hier über eine eigene Ausdauer verfügen. Diese bleibt unberührt, solange wir sie nur auf kurze Distanzen schicken. Überschreiten wir jedoch die weiße Linie, zerrt jede Aktion an der Ausdauer. Ist diese komplett aufgebraucht, muss sich die betroffene Person erstmal eine komplette Runde ausruhen. Somit lassen sich zwar größere Aktionen in einer einzigen Runde umsetzen, dafür liefern wir sie aber auch darauffolgenden Angriffen hilflos aus.
Direkte Konfrontationen mit unserer Beute sollten wir aber eh in der Regel vermeiden, denn das Ausnutzen des Überraschungsmoments ist unsere stärkste Waffe im Spiel. Jäger lassen sich in Gebüschen verstecken, via Steinwurf werden die wachsamen Bestien weg- bzw. angelockt und Attacken in den Rücken betäuben in der Regel jeden. Dabei können wir uns aber nicht nur auf das Sehen verlassen, denn auch das Hören und vor allem Riechen spielt hier eine große Rolle. Schüsse mit doppelläufigen Schrotflinten sind dabei lauter als mit Handfeuerwaffen und sollten deswegen nur eingesetzt werden, wenn wir uns eh im direkten Kampf gegen einen Rudel befinden. Dagegen immer präsent ist der Körpergeruch unserer Jäger, welcher je nach Wind in eine andere Richtung gedrängt wird. Umschleichen wir also einen Gegner im Gebüsch, kann er uns immer noch erschnüffeln. Das führt zwar nicht direkt zu einem alarmierten Zustand, doch wird das Monster der Fährte nachgehen, was für uns einen Positionswechsel bedeutet, falls wir selber nicht überrascht werden wollen. Riskante Taktiker können dies natürlich auch zu ihrem Vorteil nutzen und somit das Ziel direkt in eine Falle locken, denn nicht nur lassen sich eine Vielzahl an verschiedenen Nah- und Fernkampfwaffen einsetzen, sondern auch Fallen, Granaten und sogar dunkle Magie. Letzteres ist aber auch für uns gefährlich, denn mit jedem Auftrag bewegen sich unsere Truppen mehr in Richtung Wahnsinn, was durch den Einsatz von okkulten Zaubern nur noch verstärkt wird.
Bevor sie den kompletten Verstand verlieren und sich und ihre Kollegen in Gefahr bringen, können wir ihren Tod mit einem Opferungsritual wenigstens einen Sinn geben. Das Ritual kostet zwar das Leben des Jägers, aber lässt sich somit die gewonnen Erfahrungen an einen unerfahrenen Kameraden weitergeben.
Was in den ersten Sekunden direkt ins Auge springt, ist das Artdesign hinter Alder’s Blood, welches ohne Probleme aus einem hochwertigen Graphic Novel stammen könnte. Gerade die ästhetische Verschmelzung aus viktorianischen Horror und Wilder Westen sorgen für einen außergewöhnlichen Look, den man in Spielen leider sonst zu selten antrifft. Dazu floss einiges an Leidenschaft in die unzähligen Animationen, die jeder noch so kleinen Bewegung ein Eigenleben verschaffen. Einziger Wermutstropfen wäre die Umsetzung der PC-Version, denn zwar läuft alles sauber, jedoch bietet das Spiel hier, abseits der höheren Auflösung, keine Einstellungsmöglichkeiten oder sonstigen technischen Vorteile gegenüber des Switch-Ports. Wer sich also unsicher ist, ob er zur handlichen Konsolen- oder PC-Version greifen soll, wird auf der technischen Seite jedenfalls bei keiner Version einen wirklichen Abstrich machen müssen. Auf ganzer Linie kann hingegen der atmosphärische Soundtrack überzeugen, der aus Feder von Komponist Adam Waleszyński ist, den man vielleicht als ehemaligen Gitarristen der polnischen Post-Rock Band Tides From Nebula kennt.
(getestet von Para)
Alder’s Blood ist seit dem 10. April für den PC und Nintendo Switch erhältlich. Getestet wurde die PC-Version.