War es schon immer mal eurer Traum, ein eigenes Café zu besitzen? Dann hat das indonesische Studio Toge Productions für euch vielleicht genau das richtige! Coffee Talk heißt ihr neuester Titel und der Name hält genau das, was es verspricht. Nämlich Kaffee und viel Gerede. Wir haben uns die Schürze umgebunden, Koffein-Bomben gekocht und vor allem unzählige Textboxen gelesen. Ob sich ein Besuch lohnt oder man doch lieber eine echte Bar aufsuchen sollte, erfahrt ihr wie immer bei uns im Test.
In Coffee Talk verschlägt es uns als Barista hinter die Theke unseres eigenen kleinen Cafés, welches erst zur späten Stunde seine Türen öffnet. Statt also den alten Damen beim Kaffeekränzchen oder den beschäftigten Geschäftsmann zur Mittagspause, trifft man hier die Schlaflosen von Seattle an, die nicht immer menschlich sein müssen. Denn in dieser Welt leben Wesen aus Legenden und Sagen unter uns. Elfen, Orks, Feen, Werwölfe, Vampire und weitere Geschöpfe koexistieren seit Jahrhunderten mit den Menschen und sind fester Bestandteil des normalen Alltags. Doch egal ob spitze Ohren oder Fangzähne, die alltäglichen Probleme von ihnen unterscheiden sich nicht allzu sehr von uns Menschen, von denen wir uns im Verlaufe der Geschichte so einige anhören bzw. durchlesen dürfen. Es geht um Beziehungs- und Erziehungsprobleme, das Verhältnis mit der eigenen Sterblichkeit oder Unsterblichkeit, Stress auf der Arbeit, die eigene Verwirklichung und natürlich den Sinn des Lebens. Visual Novel-typisch laufen die Dialoge komplett passiv für uns durch, wir können also keinen direkten Einfluss darauf nehmen, wie sich ein Gespräch entwickelt. Erst wenn der Kunde etwas bei uns bestellen will, kommen unsere eigenen Fähigkeiten zum Einsatz. Manchmal wird ein direkter Wunsch nach einem speziellen Getränk geäußert, öfters haben wir aber nur wenige Anhaltspunkte, nach denen wir uns richten müssen. Soll es Koffein beinhalten? Wenn ja, wie stark? Süß oder bitter? Vielleicht doch etwas Tee, aber mit der ganz speziellen würzigen Note? Egal ob heiß oder kalt, jedes Getränk basiert auf einem der fünf Basis-Zutaten, auf die wir nach und nach Zugriff erhalten. Da hätten wir einmal natürlich Kaffeebohnen, grünen Tee, sowie normalen Tee, Kakaopulver und Milch. Abgesehen von letzterem, lassen sich diese Zutaten nicht miteinander kombinieren. Das heißt also, wir können nichts kreieren, was z.B. aus Kakao und Kaffee besteht. Dafür stehen uns fünf weitere sekundäre Zutaten zur Verfügung, mit denen wir jedes Bedürfnis stillen können. Die da wären: Ingwer, Minze, Zitrone, Honig und Zimt. Verhauen können wir dabei ein Rezept nicht, denn alles ergibt irgendetwas, welches höchstens an den falschen Kunden serviert werden kann. Tee, Ingwer und Zimt ergeben einen Masala Chai und für einen Caffé Latte brauchen wir einmal Kaffee und zweimal Milch.
Wer herumexperimentieren will, ohne dabei seine Kunden zu vergraulen, kann dies im Endlosmodus tun. Dort stehen uns zwei verschiedene Modi zur Auswahl, einmal das „freie Brühen“ und der Herausforderungsmodus. Letzterer testet unser Wissen und unsere Schnelligkeit, da wir hier unter Zeitdruck so viele Gäste wie möglich erfolgreich abfertigen müssen. Jeder zufriedene Kunde gibt uns zusätzliche 15 Sekunden auf der Uhr, während unzufriedene einfach nur verschwendete Zeit darstellen. Wer es da entspannter will, wählt den freien Modus, der uns nicht nur alle Zeit der Welt lässt, sondern auch einen komplett wunschlosen Gast gegenüber setzt, der einfach mit allem zufrieden ist, was wir ihm vorsetzen. Das heißt, wir können uns hier in erster Linie an neue Mischungen versuchen. Jedes neue Rezept wird dabei im Brewpad für uns abgespeichert, welches quasi ein digitales Rezeptbuch ist und jeder Zeit aufgerufen werden kann. Abseits davon können wir uns hierüber auch die aktuellen Tagesthemen durchlesen, die Hintergrundbeschallung des Cafés auswählen und vor allem unsere Kunden besser kennenlernen. Denn natürlich gibt es in der Welt von Coffee Talk auch Social Media. Statt Instagram und Twitter, stalkt man hier seine Bekannten und Freunde via Tomodachill aus. Je öfter wir die Wünsche unseres Gegenübers vollkommen erfüllen, desto mehr Zugriff haben wir auf Informationen über ihr persönliches Tomodachill-Profil. Einen spielerischen Vorteil erhalten wir jedoch davon nicht.
Optisch präsentiert sich Coffee Talk in einem schlichten, aber detaillierten 2D Pixel-Art Stil, der meistens durch hübsche Standbilder und kleine Animationen auffällt. Die Persönlichkeiten der verschiedenen Charaktere werden mit ihrem Äußeren gut auf den Punkt gebracht, wirken aber für ein Spiel mit einer Fantasy-Thematik dann doch teilweise zu normal. Das Gleiche lässt sich über die audiovisuelle Seite sagen. Die Dialoge sind nicht vertont, was aber in dem Fall kein Problem sein sollte, während der Soundtrack leider eher nebensächlich ist. Wer schon einmal in einen der unzähligen Lofi-Hip-Hop-Beats-Playlisten reingehört hat, die man vor allem auf Youtube findet, wird sehr wahrscheinlich direkt wissen, was gemeint ist. Es ist entspannend und passt zur hippen Café Atmosphäre, aber wirklich lange begleiten tut es einen auch nicht.
Fazit:
Coffee Talk kann einen schnell in seinen Bann ziehen. Die Atmosphäre ist gelassen, der Gameplay-Loop als Barista ist nicht besonders tiefgreifend, aber funktioniert gerade dann, wenn man selbstständig auf das richtige Rezept kommen muss. Die Gespräche sind zwar teilweise eher banal, aber ziehen sich zum Glück nicht allzu sehr in die Länge. Doch wirkt der Titel mit seinen fast vier Stunden Spielzeit zu lange, weswegen man nach der ersten Hälfte eine gewisse Monotonie nicht abstreiten kann. Gerade wenn man es dann noch mit einem VA-11 Hall-A vergleicht, werden schnell die inhaltlichen Schwächen von Coffee Talk klar. Da es sich hierbei aber schon um einen recht speziellen Titel handelt, werden interessierte Spieler, die bereits das schon genannte VA-11 Hall-A oder auch The Red String Club durchgespielt haben, auch mit Coffee Talk sicherlich auch auf ihren Geschmack kommen.
Coffee Talk ist ab dem 29. Januar für PC/Mac, PlayStation 4, Nintendo Switch und Xbox One erhältlich. Getestet wurde die PC-Version.
(getestet von Para)