Die Entwickler von Zoink! Games machten sich mit albern-morbiden Titeln wie Stick It To The Man!, Zombie Vikings und Flipping Death einen Namen in der Indie-Szene. Jetzt erhielten sie von der renommierten Kinder- und Jugendbuchautorin Sara Bergmark Elfgren Unterstützung, um ihr erstes VR-Projekt auf ein neues narratives Level zu heben. Das PSVR-Adventure Ghost Giant erzählt die rührende Geschichte eines jungen Katers und seinem neugewonnen Geisterfreund. Folgt uns im Test in dieses zauberhafte Diorama.
Es ist kein Zufall, dass die Autorin Sara Bergmark Elfren zuvor an Romanen für ein jüngeres Publikum schrieb. Ghost Giant öffnet sich dem Spieler wie ein farbenfrohes Kinderbuch. In einem märchenhaften Wald beobachten wir den jugendlichen Kater Louis. Er ist aufgeweckt und neugierig, aber auch vorsichtig und ängstlich. Es hilft nicht, dass wir in diesem Abenteuer die Rolle eines gigantischen Geistes einnehmen. Mit einfachen Gesten können wir aber über Dimensionen hinweg unser freundliches Gemüt beweisen und Louis‘ Vertrauen gewinnen. Es beginnt eine ungewöhnliche gemeinsame Reise und Freundschaft.
Ghost Giant schöpft aus den Prinzipien eines klassischen Point-and-Click-Adventures. Wir haben feste Szenenbilder, die Dioramen nachempfunden sind. Unsere Bedieninstrumente sind unsere Hände, die unabhängig voneinander greifen und drücken können. Jede der vierzehn Szenen stellt uns vor individuellen Herausforderungen, die mit Hirnschmalz und Erkundungsgeist überwunden werden wollen, um dem Motor der Story anzutreiben.
Die Geschichte stellt auch die größte Stärke des Spiels dar. Sie richtet sich zwar überwiegend an jüngere Spieler und Freunde niedlicher Animationskunst, bietet aber mit Louis einen vielschichtigen, gekonnt geschriebenen Charakter. Immer wieder lässt sich der Protagonist und mit ihm das Spiel in eine ehrliche Melancholie fallen, die von sehr persönlichen, ergreifenden Problemen des Erwachsenwerdens erzählt. Ghost Giant ist kein Märchen, sondern ein Coming-of-Age-Werk, das trotz der überraschenden Tiefe leider nie seine Konflikte weit genug flechtet, um vollends erzählerisch zu begeistern.
Spielerisch zeigt sich Ghost Giant weniger progressiv, dafür routiniert und weiß jederzeit zu unterhalten. In den einzelnen Szenen können wir uns zwar nicht bewegen, aber jeden Winkel der 360° um uns herum erkunden. Wir nehmen den Häusern für einen besseren Einblick die Dächer weg, zupfen an den Wolken und wühlen in den Bergen von detailverliebten Objekten. Überall kann sich ein kleines Geheimnis verstecken. Wir finden dabei aber auch zahlreiche Gegenstände, die uns den Fortschritt der Geschichte erlauben. An einer Stelle beispielsweise muss Louis eine kleine Brücke passieren, die von artistischen Katzenhipstern belagert wird. Wir finden in der Nähe eine leere Leinwand und einen Pinsel und kreieren in der Umgebung natürliche Farben, indem wir Tomaten zermatschen oder Benzin ablassen, um der Bande ein kleines Kunstwerk zu präsentieren, das Louis genug Zeit verschafft vorbeizuhuschen.
Ghost Giant überzeugt nicht unbedingt mit großen, cleveren Rätseln, aber dafür umso mehr mit den spielerischen Erkundungsreizen simpler Interaktivität. Es macht Spaß mit Louis, der Umgebung und den herrlichen Bewohnern des französisch anmutenden Dörfchens Sancourt zu interagieren.
Aufgrund der überwiegend statischen Natur des Spieldesigns eignet sich das Spiel auch super für VR-Neulinge und Menschen mit schwachem Magen. Die Move-Controller werden vorausgesetzt und erlauben eine natürliche, intuitive Steuerung. Mit ungefähr drei Stunden Spielzeit reiht sich Ghost Giant bei den kürzeren Erfahrungen ein, Secrets und Collectibles bieten aber eine zusätzliche Motivation für einen zweiten Ausflug in die rührende, audiovisuell wunderschöne Welt von Ghost Giant.
Fazit:
Stille Wasser sind tief. Und dieses unscheinbare VR-Abenteuer versteckt in seinen zunächst unscheinbaren, märchenhaften, kindlichen Dioramen eine bewegende Geschichte eines heranwachsenden Katerjünglings, die auch dem erwachsenen Spieler ein weiches Herz und Mitgefühl entlocken wird. Ghost Giant ist ein rundes, hochwertig produziertes PSVR-Spiel, das sich in seinen drei Stunden durchweg spielerisch standfest zeigt und inhaltlich positiv überraschen kann. Für den schmalen Taler von 25€ gehört Ghost Giant in jede gut sortierte PSVR-Bibliothek.
(getestet von eape)