Sonys Japan Studio stellt die Welt auf den Kopf. Unser charmantes Naivchen Kat hat bereits mit der überarbeiteten Fassung des Playstation Vita-Titels Gravity Rush den Sprung vom Handheld zur großen Konsole geschafft. Jetzt erscheint der Nachfolger Gravity Rush 2 sogar exklusiv für die Playstation 4. Wir ließen uns für euch in das neueste Abenteuer der Gravity Queen fallen und berichten im Test, ob sie uns wieder den Kopf verdrehen konnte.
Unsere Heldin Kat hatte keinen leichten Start. Nachdem sie ihr Gedächtnis verloren hat, wacht sie in der Stadt Hekseville auf, nur um zu sehen, dass die ganze Welt auseinandergebrochen ist und sich allerlei Dimensionen überlappen. Zeit und Raum spielen verrückt, wunderliche Weltraummonster namens Nevi terrorisieren die Bewohner und eine kosmische Katze verleiht Kat die Macht über die Gravitation.
Als sie dann zur Superheldin avanciert ist und die Stadt vor vernichtenden Gefahren retten konnte, stürzte sie in einen Dimensionsstrudel und landete auf einem Bergbauschiff der Kapitänin Lisa. Hier startet unsere Geschichte und hier sind Kats Superkräfte auch erst einmal wieder vergessen. Für etwas Brot und einen Schlafplatz im Tierstall schleppt sich unsere Heldin in die Kristallminen grotesker Dimensionen.
Ihr Geheimrezept für die harte Schufterei? Humor, gute Laune und eine große Portion Naivität. Kat wickelt mit ihrem jugendlichen Zauber ihre Kollegen und den Spieler schnell um ihren Finger. Und ihre heitere, positive Ausstrahlung überträgt sich auf die gesamte Inszenierung. Der Comicstil steckt voller liebenswürdiger Details, die die Welt lebendig und organisch wirken lassen, die Charaktere sind verschroben und amüsant, die Musik lädt zum Mitwippen ein. Das Spiel strotzt vor Charme.
Aber Kat kann auch anders. Tauchen Widersacher auf ist die Höflichkeit schnell vergessen. Dann wird die Gravitation auf die Gegner gelenkt und harte Gravity Kicks auf die pink leuchtenden Schwachpunkte dezimieren die Feinde. Sollte das aber noch nicht reichen, kann Kat die Gravitation in ihrer Umgebung aufheben und die umherschwirrenden Stühle und Steine auf die Gegner schleudern. Spezialangriffe zerstören nicht nur die Nevi, sondern gleich die halbe Stadt. Das Kampfsystem steckt voller Bewegung, ist auch im zweiten Teil immer noch frisch und macht einfach Spaß.
Im weiteren Spielverlauf lernt Kat zwei zusätzliche Kampfstile, die nicht nur die Kämpfe mit mehr Möglichkeiten bereichern, sondern auch die Fortbewegung auf den Kopf stellen. So ist Kat beispielsweise in der Lunar Form besonders leicht und kann sich hunderte Meter vom Boden abstoßen. Nur mit gezielten Stilwechseln und einem präzisen Umgang mit allen Moves meistert man den höheren Schwierigkeitsgrad und die optionalen Herausforderungen.
Die optionalen Inhalte sind jetzt viel breiter gefächert als noch im Vorgänger. Die Kämpfe und Rennen machen nur noch einen kleinen Teil der Herausforderungen aus. Kat hilft ihrer Nachbarschaft indem sie Flugblätter verteilt, als Star verkleidet potentielle Kunden zum Eiswagen lockt, einem Alkoholiker den Zugang zu Bars verwehrt und verdächtige Personen beschattet. Das sorgt zwar für Abwechslung und die kleinen Geschichten sind sympathisch, entfernt sich aber zu oft und zu stark vom spaßigen Kerngameplay.
So muss man bei einer Nebenmission beispielsweise ein Hundespielzeug suchen. Dabei ruft man einen Hund zu verschiedenen Umgebungsobjekten und lässt ihn dort schnüffeln, um irgendwann die Frisbee aufzuspüren. Das gestaltet sich allerdings ziemlich umständlich und langwierig und wird über mehrere Phasen in die Länge gezogen. Am Ende darf und muss man noch mit dem Hund spielen und selbst hier ist der Spaß im Sinkflug, wenn die Frisbee sich kaum kontrollieren lässt, aber bestimmte Bereiche mehrmals getroffen werden müssen.
Obwohl die Gravitationsfähigkeiten sinnvoll erweitert wurden, konzentriert sich das Spiel viel zu wenig auf diese, sondern versucht ständig und zwanghaft auf Kosten der ausgefeilten Kernelemente das Gameplay mit schwachen Mechaniken aufzulockern.
Während die Nebenmissionen also trotz der Abwechslung ihre Längen haben, hatte ich viel Spaß mit Kats neuer Fotokamera. So lässt sich nicht nur die bildhübsche Welt einfangen, die Kamera ist auch integraler Bestandteil der asynchronen Online-Features. Man kann sich jetzt beispielsweise auf Schatzsuche begeben. Dabei erhält man ein Foto einer Schatztruhe und muss damit die Position lokalisieren. Hat man den Schatz gefunden, darf man selbst ein Bild schießen, das dann einem zufällig ausgewählten Spieler als Hinweis dient. Nette Idee und mit den so erworbenen Dusty Tokens schaltet man zusätzliche Kostüme, Fotoobjekte und Talismane für mehr Anpassung frei.
Technisch ist das Spiel mit seinem bunten Stil und den vielen Physikeffekten sehr beeindruckend. Lediglich die Popups und gelegentliche Clippingfehler trüben den optischen Eindruck etwas. Bis auf wenige Ausnahmen bei großen, effektreichen Kämpfen mit vielen umherfliegenden Objekten läuft es auch flüssig. Leider wird im Spiel eine Fantasiesprache gesprochen und das Lesen der Untertitel im Eifer des Gefechts kann nerven. Für eine präzisere Steuerung kann man auch mithilfe der Gyroskopsensoren des Controllers zielen.
Fazit:
Der Vorgänger war etwas limitiert und wirr, dafür aber mit seiner Kompaktheit auch sehr kurzweilig. Gravity Rush 2 ist größer, bunter und mit über zwanzig Stunden Spielzeit ein umfangreicher Konsolentitel. Er kommt leider nicht ganz ohne Längen aus, aber spätestens wenn es zu den dynamischen Kämpfen mit riesigen Alienbossen und stylischen Gravity Slides auf Wolkenkratzern kommt, hat uns Kat wieder in ihrer Umlaufbahn. Ein tolles, erfrischendes Erlebnis und für Fans japanischer Eigenheiten und innovativer Spielkonzepte ein Must-Have.
(getestet von eape)