Der Name Armature Studio wird euch vielleicht schon öfters über den Weg gelaufen sein. Das texanische Studio besteht nicht nur aus ehemaligen Retro Studios-Veteranen, sondern hat in der Vergangenheit als Port- und Support-Studio an einigen hochkarätigen Titeln mitgewirkt. Fortnite, Vanquish, Bayonetta und Borderlands, um nur ein paar zu nennen. Mit dem narrativen Adventure Where the Heart Leads veröffentlicht nun Armature ein komplett eigenes Spiel für die Playstation 4, welches uns auf eine Reise rund um das Erwachsenwerden schicken will. Wir haben uns den Titel ausführlich angeschaut und verraten euch im Test, ob sich diese Reise auch für euch lohnt.
Als eines Nachts ein Erdbeben die Farm der Andersons heimsucht, wird das Leben der vierköpfigen Familie schnell auf den Kopf gestellt. Wo einst Felder und Traktoren standen, klafft nun ein tiefer Schlund, der Kilometertief ins Erdreich führt. Nach einem ersten Schock, entdeckt die Familie ihren Hund Casey, der nicht so viel Glück hatte und nun unter ihnen droht ins neue Erdloch zu fallen. Fest entschlossen, den Vierbeiner nicht im Stich zu lassen, entscheidet sich Familienoberhaupt Whit Anderson dazu, eine riskante Rettungsaktion zu starten. Dies gelingt zwar auch für Casey, doch Whit selber schafft es dabei nicht mehr an die Oberfläche und fällt tief hinab ins Loch. Ohne große Verletzungen oder gar Brüche übersteht Whit zwar den Fall, aber hat er nun keinen direkten Weg mehr nach Hause, was ihn dazu drängt, sich durch das Höhlensystem unter seiner Farm durchzuarbeiten. Alleine in der Dunkelheit, findet er zwar nach und nach den Weg zurück, aber auch längst vergessene Erinnerungsstücke begegnen ihm unter der Erde.
In den folgenden Spielstunden von Where the Heart Leads navigieren wir Whit durch die unzähligen Tunnel und stoßen dabei immer wieder auf verlorene Erinnerungen, die dafür sorgen, dass er gewisse Schlüsselmomente aus seinem Leben noch einmal Revue passieren lässt. Das können wichtige Gespräche mit seinem Vater oder der Heiratsantrag an seiner Frau René sein. Dabei sind wir als Spieler aber nicht nur zum stillen mitlesen verdammt, sondern können sogar regelmäßig in die Dialoge eingreifen und Entscheidungen fällen. Stärken wir unserem Bruder bei seiner Entscheidung Künstler zu werden oder drängen wir ihn dazu sich auf die Schule zu konzentrieren. Raten wir unserem Vater die Kosten des kaputten Traktors des Nachbars zu bezahlen oder das unsere Familie das Geld eher selber benötigt. Dies alles hat mal mehr und mal weniger Einfluss auf Whit’s eigenes Leben, was zu anderen Konsequenzen für uns führen kann. Abseits von den Gesprächen, finden wir in den verschiedenen Leveln auch Seiten, Fotos und andere Erinnerungsstücke, die wir dann gesammelt in einem Ordner mit uns führen. Hier lassen sich dann weitere Hintergrundinformationen über das Leben unseres Protagonisten aufrufen. Wirkliche andere Interaktionsmöglichkeiten mit der Welt gibt es abseits davon aber nicht. Hier und da müssen wir eine gewünschte Taste gedrückt halten, damit sich etwas vor uns aufbaut, aber das war es dann auch schon wieder. Somit ist Where the Hearts Leads ein rein narratives Adventure, welches uns in erster Linie an einer Reihe an verschiedenen Momenten teilnehmen lässt.
Durch diesen Fokus, musste ich innerlich öfters den Vergleich zu den unzähligen Vertretern des Walking Sim-Genres ziehen, da Where the Heart Leads eigentlich so gut wie alle Kriterien für dieses Nischen-Genre erfüllt. Außer eins: Statt nämlich Whit aus der First-Person Kamera zu steuern, beobachten wir ihn als ferner Beobachter meistens aus einer Iso-Perspektive, die sich zwar auch ran- und rauszoomen lässt, aber meistens dann doch eher auf Abstand bleibt. So sehr auf Abstand, dass wir zu den meisten Charakteren keine wirkliche optische Verbindung aufbauen können. Egal ob Familie oder Freunde, wir können sie eigentlich nur an ihrer groben Silhouette unterscheiden. Ob diese Design-Entscheidung nun zustande kam, um den Titel nochmal von der Konkurrenz abzugrenzen oder um technische Schwächen zu kaschieren, bleibt offen. Optisch ist der Titel jedenfalls keineswegs hässlich, da die Umgebungen einigermaßen mit netten Details und Vegetation ausgestattet sind und der Wasserfarben-Look dem ganzen dazu noch eine traumhafte Atmosphäre verleiht. Der Soundtrack unterstreicht die unterschiedlichen Themen, die in den verschiedenen Schlüsselmomenten aufkommen, dabei ebenso hervorragend, dank den mitreißenden Ambient-Stücken von Todd Keller, Eternal Time & Space und These Evil People. Denn die sind so gut, dass ich während des Reviews nun auch nicht anders konnte, als den kompletten Soundtrack nebenbei laufen zu lassen.
Where the Heart Leads ist seit dem 13. Juli 2021 für Playstation 4 erhältlich. Getestet wurde die Playstation 4 Version via Playstation 5 Abwärtskompatibilität.
(getestet von Para)